Fliegen in Lima
Miraflores ist ein Stadtteil von Lima. Sicherlich kein besonders typischer Stadtteil, denn hier ist alles modern, sauber, grün. Keine Slums, keine Wüste, kaum Staub. Die Geschäfte verkaufen westliche Markenartikel, die Hotels heissen Marriot oder Radisson. Miraflores grenzt direkt an den Pazifik; vielleicht 80m hoch thront es über Strand und Meer oberhalb der fast senkrechten Steilküste. An der äussersten Grenze dieser Steilküste liegt der Parque del Amor. Eine schöne Grünanlage (künstlich bewässert natürlich), welche sich zwischen Stadt und Küste entlang zieht. Hier fliegt man in Lima. Start auf der völlig ebenen Wiese über die senkrechte Klippe hinaus, vor einem der Pazifik, hinter einem die modernen Hochhäuser von Miraflores.
Wenn man zum ersten mal da hinkommt, dann ist das schon eine sehr spezielle Kulisse. Das Wetter war wie eigentlich immer in Lima im Januar: völlig bedeckt, Basis vielleicht 300m über Startplatz. Das ist zwar nicht schön, reicht aber völlig. Man kann jetzt dort aber nicht einfach starten - um Himmels Willen nicht! Da gibts sehr viele Locals, die etwas zu sagen haben - oder so tun. Man muss sich als Pilot registrieren. Ausweiskontrolle, Lizenzkontrolle... nichts davon ist spanisch, und was anderes sprechen die nicht. Aber das macht nichts. Papiere beeindrucken, je grösser je besser. Dann gibts da noch die rote Fahne. Solange die unter der Windfahne hängt, ist der Wind nicht gut genug zum Fliegen. Hier bestimmt das nicht der Wind selbst oder gar der Pilot, sondern die Locals. Die Fahne gilt je nach Ansicht und Tag aber nur für die unzähligen Tandems oder für alle oder auch für niemanden. Irgendwann ist einer der Locals raus zum Probeflug. Danach wurde die Fahne von rot auf gelb gewechselt. Fliegen freigegeben!
Naja. Irgendwann startet man dann. Die Tandems haben immer bei allem Vortritt, aber das ist ok. Vor mir ist nur einer raus, und der ist abgesoffen und musste unten am Strand landen. Klingt ja hübsch, bringt aber 30min Fussmarsch den Hang rauf mit sich oder halt eine Taxifahrt...und eine gute Portion Spott. Ich starte also mit etwas ungutem Gefühl, halte mich aber an die Tips der Locals und fliege noch Norden und einfach durch bis zum Leuchtturm. Und das klappt! Hier kann ich hochdrehen. Es geht sicher nicht gratis, aber stetig nach oben. 200m überhöht... jetzt mal die Küste abfliegen. Ich drehe nach Süden, überfliege den nahen Startplatz, überquere die tief ins Gelände eingeschnittene Strasse und folge den Hochhäusern. Vielleicht 20m Abstand zu den Häusern... toll, der Wind trägt einen nach oben. Soaring an einer Hausfassade, der Wahnsinn!
Ich fliege von Haus zu Haus, schaue in die Penthouses rein und studiere die Whirlpools auf den Dächern. Mein Ziel ist aber der Doppelturm des spiegelverglasten Marriot-Hotels. Das ist etwas zurückversetzt, man braucht also etwas Höhe um dort hinzufliegen. Ich bin gefasst darauf, dass mich irgend ein Rotor erwischt... gut möglich hier mit der fast rechtwinkligen Küstenkante und den vielen Hochhäusern. Landen kann man hier nicht (oder nur schmerzhaft). Aber alles geht gut. Ich gleite vor der Marriot-Fassade entlang und begutachte mich im riesigen Spiegel. Wann kann man sich schon selbst beim Fliegen zusehen?
Der weitere Flug besteht aus Wiederholungen. Irgendwann sind sehr viele Schirme in der Luft, das fliegen wird ein Slalom, weil niemand wirklich auf die anderen zu schauen scheint. Ich schaue auf die Uhr ...hundert Minuten schon bin ich in der Luft. Zeit zu landen.
Doch dies ist gar nicht so einfach. Der Landeplatz ist auch der Startplatz. Da liegen viele ausgebreitete Schirme rum oder werden gerade aufgezogen und überall sind Leute. Eine flache Wiese, nicht sehr gross und auf 3 Seiten senkrechte Klippen am Rand. Die vierte, hintere Seite ist mit Palmen bestückt. Man muss also ziemlich präzis anfliegen. Dazu kommt, dass es am Klippenrand enorm steigt, wenns gut hochgeht. Fliegt man im üblichen Gleitwinkel an, dann verblästs einen gehörig nach oben und man hat keine Chance, rechtzeitig runterzukommen. Also "go around!" wie mit dem Flugzeug. Beim dritten Anlauf hab ichs dann auch gerafft: Man fliegt tiefer als der Landeplatz an. Ja genau, tiefer. Man hält gerade auf die Felswand zu, vielleicht 10m unterhalb der Kante. Ach ja, mit den Ohren angelegt. Scheissgefühl, aber man gewöhnt sich dran. Kurz vor der Wand gehts nach oben und man fliegt knapp über der Landewiese. Ohren raus und landen. Easy.
Am besten, man schaut sich das passende Video dazu an. Bilder sagen mehr als tausend Worte...oder?
22.02.2010 -stef
23.02.2010 Also ich hab nie irgendjemandem irgend ein Papier gezeigt in Miraflores... einfach über die Mauer klettern heisst der Trick ;-)
24.02.2010 ja schon. beim reingehen hab ich auch nichts gezeigt. aber irgendwann begannen ein paar der locals und einer dieser typen in gelber leuchtveste alle zu kontrollieren, ob sie eingeschrieben waren.
die vernünftigste begründung dafür, die ich gehört habe, war, dass die behörden das fliegen dort erlauben, solange die piloten für ordnung und einhalten der regeln sorgen. viele der tandempilot leben davon und befürchten offenbar eine schliessung des startgeländes. darum übertreiben es einige vielleicht auch mal mit den kontrollen =)
du wurdest ja nach der strandlandung auch kontrolliert...