...alles andere ist nur Skifahren!
...alles andere ist nur Skifahren!
"Thermiksuche" ist als Motto für das paraworld-Memberfliegen am 14. Februar ausgegeben worden. Zürich modert seit Tagen unter der grauen Hochnebelsuppe vor sich hin, und auch am Morgen dieses Flugtages deutet bei einer Hochnebelgrenze von 1600 m.ü.M. erst mal gar nix auf ein besonderes aviatisches Erlebnis hin. Ich finde mich schon mal präventiv damit ab, dass es heute wirklich ums Suchen von Thermik geht und nicht ums Finden. Trotzdem packe ich meine Ausrüstung mit viel Vorfreude, nach acht Wochen am Boden inklusive masochistischem Verfolgen der dreiwöchigen Südamerika-Flugreise von Sara, Dave und Stef bin ich schon glücklich, wenn ich meinen Flügel mal wieder starten, zum Landeplatz runtergleiten und dort sicher zu Boden bringen darf.
Dominic schlägt das Jakobshorn vor, um mit der Thermiksuche zu beginnen. Wir lassen uns bequem im Memberbus nach Davos chauffieren und werden zum ersten Mal so richtig hibbelig, als im Prättigau plötzlich strahlend blauer Himmel die graue Hochnebeldecke ersetzt. Bei der Landeplatzbesichtigung bin ich schon ganz euphorisch, der Kontrast von tiefblauem Himmel und gleissendem Schnee bringt die Bergwelt so richtig zur Geltung. Als japanischer Tourist würd ich jetzt wohl erst mal eine Runde überwältigt abflennen, aber als Eingeborener tue ich ganz unbeeindruckt.
Am Startplatz auf dem Jakobshorn beobachte ich drei Hochleister, die in einiger Entfernung richtig gutes Steigen erleben. Sind die tatsächlich auch hier gestartet? Ein Acro-Flügeli hebt direkt vor uns ab und säuft auch nicht sofort ab. Geht da vielleicht wirklich was? Ich lasse meinen geliebten Alpha nach drei Monaten gefalteter Dunkelheit zügig ans Licht und breite die Runzeln raschelnd auf dem schlifrigen Schnee aus. Wie sortiert man nochmals Leinen?? Da der Aufwind anständig am Tuch rupft, dreh ich mich mal ein und lass den Wind die Fäden ordnen. Ein Zupfen an den A-Leinen, und schon steht der Schirm prall genau über mir und will los. Na denn, umdrehen und mit zwei Schritten abheben klappt perfekt - der geplante Vorwärtsstart als Einstieg in die Flugsaison 2010 fällt diesem entspannten Rückwärtstart zum Opfer.
Ich fliege mit leichtem Sinken Richtung Baumgrenze und quere den Sessellift zur Jatzhütte. Erst mal orientieren und schauen, ob's schon Zeit ist, Richtung Landeplatz zu gleiten. Plötzlich lupft's mir die linke Schirmhälfte an, ich lenk instinktiv dagegen und drehe direkt ein, während das Vario abgeht und mich glücklich piepst. Schon der erste Schlauch trägt mich direkt dreihundert Meter über die Startplatzhöhe, also gehe ich mal die Chiller in den Jatzhütte-Liegestühlen aus der Nähe begutachten. Als glücklich verheirateter Mann fallen mir natürlich keine heissen Chicks auf, was vielleicht an der Tarnung mittels dicken Daunenschichten und Quadratmetern von Sonnenbrillenglas liegt. Dafür entdecke ich, dass man am Grat direkt oberhalb der Hütte quasi Dünensoaren kann. Ich fräse also für die nächste halbe Stunde mal zwei Meter über dem Schnee hin und her. Bevor sich das fette Grinsen in meinem Gesicht zur permanenten Jokerfratze eingraviert, dreh ich über dem Grat lieber kräftig auf. Bei 3'000 m.ü.M. droht mir aber trotz Mördermaske und Hoodie unter dem Helm die Stirn einzufrieren, also raus in Richtung Tal und mal etwas die Kurven ausprobieren - geht ja wie von allein. An der Waldgrenze steigt's immer noch zuverlässig mit 3-5 m/s, also pendle ich für die nächste Stunde zwischen Grat und Waldgrenze. Toplanden bei der Jatzhütte? Jedesmal wenn ich anfliege stehen ein paar Kollegen mit ausgebreitetem Tuch am Boden, mit Dutzenden von Brettersklaven als Zuschauer. Ich verzichte auf ein Close Encounter und soare nochmals richtig bodennah den Hang hinunter. Nach zwei Stunden Airtime kühlen sich die Finger langsam ab und ich mach mich mal auf die Suche nach dem Landeplatz. Eine vorsichtige Spirale (weniger als 12m/s sinken) über dem Windsack beschert mir dann einen gewaltigen Braintilt, bei dem ich komplett die Orientierung verliere, was mir bestätigt, dass es Zeit für die Lande-Pommesfrittes ist. Bei anständigem Talwind Lift-lande ich genau auf dem Punkt. Direkt daneben legen sich zwei Loipentussis synchron auf ihre Langlaufspur, was wohl weniger mit meinen beeindruckenden Landefähigkeiten als mit deren Gigelisucht zu tun hat (Mädels, das après in Après-Ski heisst 'nachher'...).
Im brechend vollen Bolder-Palace voller Voller (die früher oder später eben brechen werden) quetschen wir uns zu acht an einen Zweiertisch und ersäufen die Pommes in Ketchup und Mayo. Der tumb stampfende Mitgrölkrach, die schlechte Luft, das nervöse Blitzgewitter der Handykameras, die die Peinlichkeiten rundherum digital aufzeichnen - geht mir alles vierspurig am Thermohosenboden vorbei: Wir haben im Februar fette Thermik gefunden und stundenlang genutzt, um bei strahlendem Sonnenschein über den Schneebergen glücklich zu sein. Meine Flugsaison 2010 ist spektakulär lanciert und ich kann es kaum erwarten, anfangs März an der Côte d'Azur eine ganze Woche lang in die Luft zu gehen!
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